Es ist November des Jahres 1888: in Arles, in der Provence gab es dieses Jahr einen besonders regnerischen Herbst, und so wurde die Weinlese bis zu diesem Zeitpunkt verzögert.
Vincent sah aus dem Fenster des kleinen “gelben Hauses”, das er seit einigen Monaten mit seinem Freund Paul Gauguin teilte. Er ist in Gedanken vertieft, auch wenn die Symptome seiner Geisteskrankheit, an der er leidet und derer er sich in seinen klaren Momenten durchaus bewusst ist, ihn hier weniger oft heimsuchen, was eventuell an den Gefühlen liegt, die die Landschaft der Provence in ihm hervorruft und die seine Kreativität anregt, wie er seinem Bruder Theo mitteilt.
Aufgrund der langen Regenphase kann er nicht draußen malen, gerade er, der in seinen Gemälden nicht so gerne den flüchtigen Moment auf Leinwand einfängt, sondern seine Motive studiert und an der freien Luft arbeitet.
Schließlich formt sich in seinem Geist eine Idee: er beschließt zu Hause, aus dem Gedächtnis, eine Szene zu malen, die er wenige Tage zuvor während einer Regenpause gesehen hatte.
Und so entstand “Der rote Weinberg”, das einzige Gemälde, das Van Gogh zu Lebzeiten verkaufen konnte. Es wurde von Anna Boch, der Schwester eines Freundes und Kollegen, die ebenfalls Malerin war, erworben.
Der Weinberg erblüht im herbstlichen Rot als stünde er in Flammen und erinnert an das Rot des Weines. Der Tag neigt sich seinem Ende zu, doch die Weinlese ist in vollem Gange und die Frauen beugen sich über die Rebstöcke, die alle sehr niedrig sind, wie es in der Provence üblich ist. Rechts im Bild befindet sich die Straße. Sie ist noch nass von dem Regen, der erst kurz vorher aufgehört hat und erinnert an einen Fluss, der an den Weingarten grenzt.
Immer, wenn ich an Weingärten denke, steigt dieses Bild vor meinem geistigen Auge auf. Für mich verkörpert dieses Gemälde die Quintessenz des Weines und des „Weinmachens“: die Abhängigkeit von der Natur und den Wetterbedingungen, das Bewusstsein, dass jeder Jahrgang einzigartig ist, die Arbeit der Menschen, die Bewegung, doch auch die Gelassenheit und die Versöhnung des Menschen mit der Natur.
Doch nach wenigen Monaten ändert sich alles: am 23. Dezember hat Vincent einen heftigen Streit mit Gauguin, in eben diesem gelben Haus, welches das Motiv eines weiteren weltberühmten Gemäldes ist, das im selben Jahr entstand. Während dieses Streites, hat Vincent einen Nervenzusammenbruch und verfolgt Gaugin mit einem Rasierer.
Gauguin, beschließt zu Tode erschreckt, nach Paris zurückzukehren. Van Gogh, der sich schuldig fühlt, schneidet sich in einem Akt der Autodestruktion ein Ohr ab.
Schließlich, zu Beginn des Jahres 1889, kehrt er nach Paris zurück, um sich mit Hilfe seines Bruders Theo behandeln zu lassen. Er stirbt wenig später im Jahre 1890; Theo stirbt im Jahr darauf, während Gauguin nach Thaiti aufbricht.
Doch mir gefällt der Gedanke, dass all das zum Zeitpunkt als das Gemälde entstand noch weit entfernt ist und ich denke an den Wein, der von diesem Weingarten stammt und der aus dieser Ernte entstehen wird.
In bester Tradition der Weine der Provence, wäre es wahrscheinlich ein Rosé-Wein.
Im Gegensatz zu anderen Weinbaugebieten, macht hier der Rosé 75% der Gesamtproduktion der Region und 8% der Produktion weltweit aus. Die Weine drücken ihr Wesen aufs Beste aus, in einem Zusammenspiel aus perfekt ausgewogener Mineralität und Noten von roten Früchten. Die Produktion von Weißweinen ist um einiges geringer, allerdings werden auch einige große Rotweine hergestellt.
Die Farbe des Rosés ist hellrosa und geht ins orangefarbene, und bei den besten Herstellern erreichen die Weine eine Lagerfähigkeit von über zehn Jahren, während denen sie eine bemerkenswerte aromatische Weiterentwicklung durchmachen.
Hier wird schon seit Zeiten der Römer Wein angebaut. Das Klima ist mediterran und der sandige Boden hat einen hohen Kalkanteil.
Zu den am weitesten verbreiteten Rebsorten zählen die Grenache, die Mourvedre und die Cinsault, und die Weine werden fast immer aus den Ernten von drei oder mehr Weingärten, getreu der Tradition Südfrankreichs, hergestellt.
Die Rosés werden, abgesehen von einem nur sehr kurzen Verbleiben auf der Maische, die sehr reich an Polyphenolen und farbgebenden Substanzen ist, genau wie Weißweine vinifiziert. Sie dauert nur einige Stunden bis maximal drei Tage und so erhält der Wein nur wenig Farbe. Danach wird der Most von den Beerenhäuten getrennt, und der weitere Herstellungsprozess erfolgt genau wie bei Weißweinen. Die Gärung erfolgt in Bottichen, normalerweise aus Edelstahlt oder Beton, wobei der Wein in seltenen Fällen auch in Holzfässern oder Barriques ausgebaut wird.