Im Elsass weiß man, wie man einen wirklich guten Wein herstellt. Und trotzdem hört man diesbezüglich nur sehr wenig aus dieser Region, zumindest in Italien; vielleicht hat man schon gelegentlich einen Wein aus dem Elsass während einer gut organisierten Verkostung ad hoc probiert, aber generell findet man Elsässer Weine eher selten auf den Weinkarten der Restaurants und Önotheken, selbst in jenen, die über eine wahrhaft eklektische Auswahl verfügen. Und selbst, wenn sich ein großer Connaisseur und Weinliebhaber dazu entschlossen hat, seinem Weinkeller einige dieser Flaschen hinzuzufügen, stellt das Unwissen der Käufer, die oft nicht sonderlich abenteuerlustig sind, wenn es darum geht, neue Weine zu probieren, ein Hindernis dar, das nicht so leicht zu überwinden ist.
Ziel dieses Artikels soll also sein, etwas mehr Wissen über die Elsässer Weine zu verbreiten und eventuell den ein oder anderen Weinliebhaber, der die Möglichkeit noch nicht in Erwägung gezogen hat, dazu zu bringen, ein Gläschen dieses leuchtenden Weißweines, voller Aroma und von guter Struktur, wie man sie nur im Elsass findet, zu verkosten.
Ich erwähne hier den Weißwein, weil im Elsass nämlich wahrlich große Weißweine hergestellt werden, darunter sind besonders die sortenreinen zu erwähnen, obwohl es natürlich auch hier, wie überall, Ausnahmen gibt, die dafür sorgen, dass das Panorama an Wein in dieser kleinen Region wahrhaft einzigartig ist.
Die einzige rote Rebsorte, die sich einigermaßen in diesem Gebiet durchsetzen konnte, ist der Pinot Nero, aus dem normalerweise frische, unmittelbare Weine, von nicht so großer Statur, wie man vielleicht meinen könnte, hergestellt werden: jede Region hat ihre Besonderheiten. Wenn man einen großen Pinot Nero trinken möchte, ist man hier an der falschen Adresse, da es hier im Elsass fast nur um Weißweine geht, die dafür umso besser sind!
Das Elsass gehört geografisch zu Frankreich, auch wenn sich hier viele Einflüsse des angrenzenden Deutschlands bemerkbar machen: Unter allen weißen Rebsorten, drücken zwei besonders gut die Elsässer Lebensart aus, nämlich Riesling und Gewürztraminer, Rebsorten, die als sortenreine Weine ein elegantes und sehr sauberes Aromenbild abgeben.
Für all diejenigen, die den Duft eines aus aromatischen Trauben hergestellten Weines lieben, stellt der Elsässer Gewürztraminer eine Erfahrung dar, die man sich nicht entgehen lassen sollte: die Aromen reifer, gelber Früchte, exotischer Früchte und floralen Noten, aus denen besonders Rosen- und Geranien-Aromen hervorstechen. Die kraftvolle Intensität der Aromen wird von seiner vollmundigen Weichheit noch unterstützt. Alle diese Aromen werden noch verstärkt, wenn man die Trauben noch länger als normalerweise üblich an der Rebe belässt, und wenn die Trauben von Botrytis Cinerea, der Edelfäule befallen werden, die, wie der Name schon sagt, das Potenzial des Gewürztraminers in dieser Region noch veredelt und auf das allerhöchste Niveau verbessert. In diesem Falle beschriften die Franzosen das Etikett folgendermaßen: Sélection de Grains Nobles, Beerenauslese, deren Trauben ausschließlich von Hand geerntet werden dürfen und dann auf drei verschiedene Arten weiterverarbeitet werden.
Am weitesten verbreitet ist eine Cuvée aus Gewürztraminer und Riesling, woraus völlig unterschiedliche Weine entstehen: der Riesling bringt entweder frische und leichte Weine oder große Weine mit langer Lagerfähigkeit hervor, was an dem hohen Säuregehalt der Rebsorte liegt, und was diese Weine so geeignet zur langen Lagerung macht. Was den Riesling so unverwechselbar macht, ist seine große Mineralität, die sich mit der Zeit zu der typischen Petrolnote, die diesen Wein kennzeichnet, entwickelt.
Eine weitere weitverbreitete Rebsorte ist der Pinot Bianco, der hauptsächlich zur Sektherstellung verwendet wird und im Elsass zu einem Schaumwein unter dem Namen AOC Crémant d’Alsace verarbeitet wird; außerdem werden neben dem Pinot Bianco zu verschiedenen Anteilen auch Pinot Nero, Pinot Gris, Riesling und Chardonnay verwendet.
Die weißen Rebsorten Muscat d’Alsace und Pinot Gris vervollständigen das Repertoire des Elsass. Aus ihnen lassen sich Weine mit ganz verschiedenen Eigenschaften herstellen, leicht und unbeschwert, oder intensiv und vollmundig, Spätlesen (so auf dem Etikett vermerkt, wenn die Trauben, die zur Herstellung dieses Weines später als zur gewohnten Erntezeit gelesen wurden).
Und wo findet man die besten Lagen dieser Region? Auch hier im Elsass gibt es ein Grand Cru- Gebiet: es erstreckt sich über 50 Einzellagen und 175 Kilometer entlang der Route du Vin (Weinstraße), die sich ohne Unterbrechung durch die beiden Départements Bas-Rhin und Haut-Rhin zieht.
Zu den wichtigsten Einzellagen gehören von Nord nach Süd Mönchberg, Altenberg de Bergheim, Schönenburg, Brand, bis hin zur äußersten, einer der bedeutendsten Grand Cru-Lagen, Rangen. Diese Lage hat die Besonderheit und das große Glück, sich auf einem Boden vulkanischen Ursprungs zu befinden – und zwar als einzige der Region – der dem Wein eine ausgeprägte Mineralität, große Kraft und eine lange Lagerfähigkeit verleiht.
Kehren wir nun zum Ende zu unserem Ausgangspunkt zurück, nämlich zu unserer Überschrift, in der von großen, sortenreinen Weinen die Rede ist – die wir schon behandelt haben – und von einigen Ausnahmen. Ja, es gibt eine Ausnahme, die ebenso selten wie einzigartig ist, und um ehrlich zu sein, die einzige Ausnahme der elsässischen Grand Crus bildet. Im Gegensatz zu allen anderen Weinmachern der Region, die ihre Weine sortenrein herstellen um die Qualität der Rebsorte voll zum Ausdruck zu bringen, ist Jean-Michel Deiss voll von seiner Assemblage überzeugt und in treibt dabei die zugrundeliegende Vision, der er kompromisslos folgt: Nicht mehr die Aromen der jeweiligen Rebsorten sollen seine Weine primär prägen, sondern nach uralter, jedoch weitestgehend verloren gegangener elsässischer Tradition ihr einzigartiges, unverwechselbares Terroir (und darauf legen die Franzosen besonderen Wert). Es arbeitet die Eigenschaften des Landes heraus, indem es die verschiedenen Elemente harmonisch zu einem vereint, und so wird die Rebsorte zum Teil des Orchesters und spielt nicht die erste Geige. So schenkt er jedem einzelnen Wein seine ganz eigene Stilistik.